Es
flammen hell im Saal die Girandolen,
Musik
durchströmt den Raum mit süßen Tönen;
Begeistert
lauscht die reihe junger Schönen,
Ein
bunter Flor von Tulpen und Violen.
Der
Blick des Jünglings schweift indeß verstohlen
Auf
diesen Blumen, die das Leben krönen,
Sein
Inn’res möchte mit der Flöte stöhnen,
Verhaucht
ihr Ton in leisen Lebewohlen.
Wohl
mag ich gern den holden Klängen lauschen,
Die
sich gestalten in so schöner Runde,
Doch
mit noch süßern wüßt’ ich sie zu tauschen:
Ach,
nur ein Wort aus deinem lieben Munde,
Und
all’ die Töne müßten hier verrauschen,
Das
ist Musik, von der ich ganz gesunde.
Mich
treibt es ruhlos, dich, nur dich zu schauen,
In
deiner Näh’ empfind’ ich volles Leben,
Anmuth’ge
Bilder seh’ ich mich umschweben,
Die
mir der Dichtung Himmel auferbauen!
Wenn
deine Blicke sonnenmächtig thauen
Die
Kälte, welche lang’ dies Herz umgeben,
So mag
ich kaum dem Drange wiederstreben,
Dir
Alles, ja das Liebste zu vertrauen.
Und
dennoch faßt allstündlich mich ein Bangen,
Mein
tiefstes Wesen frei dir zu entfalten
Mit
allen seinen Planen und Verlangen:
Denn
vor der Schönheit fesselnden Gewalten
Verstummt
der Mund, die Seele stockt befangen
Und
wähnt die Gluth im Worte zu erkalten.
O daß
ich in des Todes ernster Stunde
Rasch,
kräftig gleich dem Blitze könnte scheiden,
Daß
klaren Sinns, erhaben über Leiden,
Mein
letzter blick noch hing’ an deinem Munde.
Die
Trennung wär’ Beginn zu engem Bunde,
Ein
neues Leben würde nur uns Beiden,
Ein
inniger Vereinen dieses Meiden,
Was
Andern dünkt die unheilbarste Wunde.
Ich
strebe nicht nach überird’schen Früchten
Zum
Licht, vor dem die Sterne selbst erblinden,
Deß
Hochmuths soll mich Keiner je bezüchten;
Ich
wünsche nur, wenn meine Kräfte schwinden,
Mag
meine Seel’ in deine Seele flüchten
Und in
dir lebend ihren Himmel finden.
Es
wirbelt taumelnd Blatt auf Blatt vom Baume,
Die
Wipfel starren frostig wie Skelette,
Der
Herbst führt schläfrig die Natur zu Bette
Und
sie erstirbt im dumpfen Wintertraume.
Ein
ew’ges Sterben herrscht im Weltenraume
Vom
Luftatom bis zur Gestirnenkette,
Doch
stets erschafft das All sich um die Wette
In
neuer Form, in neuem Lebensschaume.
Wer
wollte fürchten noch des Todes Waffen,
Wer
bangen vor des Grabes dunklem Gitter?
Wer
wagte nicht sich männlich aufzuraffen?
Fortlebst
in Andern du, als zweiter, dritter,
Zum
Schöpfer wardst du selber dir geschaffen...
Der
Tod ist süß, das Sterben nur ist bitter,
Willst
wahre Weisheit du für dich gewinnen
So
geh’ auf’s Feld, wo frische Blumen sprießen,
Von
ihnen lernst das Leben du genießen,
Erkenntnis
zeigt sich deinen durst’gen Sinnen.
Und
will der Lug des Frömmlers dich umspinnen,
Der nur
den Glauben hemmt statt zu erschließen,
So geh
zum Bach, deß Wellen rauschend fließen,
Und
das Geheimniß Gottes hörst du rinnen.
Nur
eine große Kirche giebt es, Eine,
Die
jedes Herz erfüllt mit Liebeswonne,
Natur,
Natur mit ihrem Heil’genscheine.
Und
willst du drinnen beten zur Madonne,
Nimm
dir ein süßes Liebchen, wie das meine,
Schön
wie der Lenz und blendend wie die Sonne.
Johanniswürmchen
leuchten durch die Rüstern,
Des
grünen Waldes goldne Wandelsterne;
Ich
lieg’ im Grase hingestreckt und lerne,
Wie
man der Brust versagt, wonach sie lüstern.
Wenn
Zweige mir die Aussicht auch verdüstern –
Zum
blauen Himmel blickt’ ich gar zu gerne,
Doch
der ist fühllos, ach! und mir so ferne,
Daß
kaum ich mag von seiner Schönheit flüstern.
So spielt
nun fort, ihr kleinen Feuergeister,
Den
größten Himmel sollt ihr mir ersetzen,
In
eurer Mitte bin ich Herr und Meister.
Doch
wollt ihr recht ein liebend Herz ergetzten,
So
flammt und schwärmt und regt euch immer dreister,
Denn
nur an Gluthen kann die Gluth sich letzen
Die
Drossel schlägt und Nachtigallen flöten,
Erwachend
rauscht der Fluß in seinem Bette,
Der
Frühling sprengte des Gefangnen Kette
Und
ließ den Winter, den Tyrannen, tödten.
Die
Blumen, die sich allgemach erhöhten,
Begehen
feierlich die Ostermette,
Die
Wiesenknaben mit dem Sammtbarette,
Die
Rosen, die wie Mädchen keusch erröthen.
Naht
dann die Nacht mit ihren Sternenschatten,
So
steigen Elfen aus den Kelchen nieder
Und
schweben tanzend auf den grünen Matten.
Sie schlüpfen
sacht zu Menschen hin und wieder,
Daß
Jedem, auch dem Lebensübersatten,
Ein
holder Frühlingsrausch belebt die Glieder.
Seh
ich ein Antlitz mit dir gleichen Zügen,
Obwohl
du unvergleichlich bist zu nennen,
So
fühl’ ich rasche Glut in dir entbrennen
Und
such’ in jenem dich mir vorzulügen.
Zwar
ist’s ein traurig täuschendes Vergnügen,
Doch
da ich dich nach liebgewordnem Kennen
Nur
selten seh’, um schmerzlich mich zu trennen,
So muß
mir diese Täuschung noch genügen.
Wie
gläub’ge Pilger mit Gemüthes-Wunden
Zum
frommen Bilde der Maria wallen,
Durch
ihre Huld im Herzen zu gesunden:
So
zieht auch mein Gebet zu dir vor Allen:
O
könnt’ ich dir, die meinen Geist gebunden,
Trotz
aller meiner Fehler – dir gefallen!
Der
Traube Blut im blankgeschliffnen Glase,
Trink
ich dein Wohl zu raschen, wilden Zügen,
So
trinkt der Heimath Wohl aus vollen Krügen
Der
Pilger in des Wüsenmeers Oase.
Wär’s
Nektar selbst im funkelnden Topase,
Nicht
könnt’ er mich minutenlang betrügen,
Nur du
allein, du könntest mir genügen,
Wenn
ich dich küssend wild in Liebe rase.
Zu
Boden schleudr’ ich die gefüllte Schaale,
Daß
sie zertrümmert blinkt in tausend Scherben,
Doch
aus dem Glase spricht’s mit feuchtem Strahle:
„Was
läßt dich, Thor, so grausam mich verderben,
Wähnst
du, aus leichtzerschelltem Trinkpokale
Ließ
sich der Liebe Rosenkelch erwerben?“
Nur
eine sel’ge, wenn auch kurze Stunde,
Umscherzt
vom Flügel lauer Maienlüste,
bei
Lerchensang, beim Hauch der Veilchendüfte
An
deiner Seite ruhn auf moos’gem Grunde;
Tief
blick in Blick getaucht und Mund auf Munde
Im
Schatten süßverschwiegner Felsgeklüfte
Den
Arm zu schlingen sanft um deine Hüfte –
Mein
einz’ger Wunsch wär’s auf dem Erdenrunde.
Wenn
du mir lächelnd drohtest und befangen,
Ich
machte jeden Zweifen dir zu nichte,
Und
gern gestünd’ ich dir, was ich begangen:
In
deinen Augen las ich Weltgeschichte,
Die
Weisheit holt’ ich mir von deinen Wangen
Und
von den Lippen küßt’ ich mir Gedichte.
Die kleinste
Schuld, die selbst ich unbedächtig
Im
grauen Einerlei des Tags begangen,
Belastet
mich mit ahnungsvollem Bangen,
Seh’
ich dein Antlitz fromm und wundermächtig.
Blickt
auch dein Auge noch so mild und prächtig,
Zieht
mich danach magnetisches Verlangen,
Ich
meid’ es doch – ich denk’, auf meinen Wangen
Kannst
lesen du, daß mir’s im Herzen nächtig.
So
adelt Anmuth mich voll Lieb’ und Schonung,
Indem
sie meiner Seele Rauhheit mildert,
Und so
mich werth macht deines Blicks Belohnung.
Schönheit
erhebt, wo das Gemüth verwildert,
Und
deine ward der schönsten Seele Wohnung,
Wie
Byron sie und Raphaël
geschildert.
Der
Frühling kränzt sich neu mit Epheuranken
Die
Primeln blühn, die Hyazinthen prangen,
Im
Busen regt sich jugendlich Verlangen
Und
klärt die Blicke, die erst finster sanken.
Ich
fühl’ allein noch meinen Sinn erkranken,
Da
denk’ ich deiner morgenfrischen Wangen,
Und
bald erwacht mir wieder süßes Bangen,
Ein
ganzer Frühling liebender Gedanken.
Ich
will von aller Welt mich gerne trennen,
Zu
lieben weiß sie minder als zu hassen,
Nur
dir laß meine Liebe dich bekennen –
Doch
ein Gedanke will mich trüb’ erfassen,
Im
Auge fühl’ ich heiße Thränen brennen –
Wenn
du mich ließest, wär’ ich ganz verlassen.